Einsamkeit der Großstadt, Görlitzer Bahnhof, Kreuzberg  - © bildraum-f | fotografie

„Wenn du zur Arbeit gehst
am frühen Morgen,
wenn du am Bahnhof stehst
mit deinen Sorgen:
  da zeigt die Stadt
  dir asphaltglatt
im Menschentrichter
Millionen Gesichter:
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider –
Was war das? vielleicht dein Lebensglück…
vorbei, verweht, nie wieder.“ 

Erste Strophe des Gedichtes „Augen der Großstadt“ von Kurt Tucholsky (zuerst in Arbeiter Illustrierte Zeitung, 1930, Nr. 11, S. 217). Im generellen handelt es von der inneren Einsamkeit des Großstadtmenschen. Obgleich dieser körperlich (mit seinen eigene Augen) Kontakt zu anderen Mitmenschen aufnimmt, spürt er, dass diese ihm jedoch gänzlich fremd sind. In der ersten Strophe fährt das lyrische Ich mit dem Nahverkehr zur Arbeit. Auf diesem Weg sieht es verschiedene Gesichter anderer Mitmenschen, die es nur oberflächlich und in immer gleicher Art mustert. Dabei verliert es nur einen kurzen Gedanken an diese Begenung und geht sofort weiter.  In der vorletzte Zeile in jeder Strophe unterstreicht  das „“Was war das?““ die Unbekanntheit der Personen. Mit dem Wort „“Was““ soll verdeutlicht werden wie unpersonell das lyrische Ich über andere Leute denkt.

[Hasselblad XPan, 45mm f/4, Kodak Professional Tri-X]