Es wäre zu einfach hier nur den klappen- oder pressetext zu rezitieren, aber das würde meiner auffassung nach diesem buch nicht hinreichend gerecht werden. Zuerst mal muss ich gestehen, dass Hugo Suter mir als fotografierender künstler weitestgehend unbekannt war, seine arbeiten mit dem medium glas hingegen sind mir durchaus geläufig. Der 1943 in aarau geborenen künstlers deckt in seinem werk nahezu die gesamte die technische mannigfaltigkeit des künstlerischen schaffens ab. Jedoch erscheint mir die fotografie bei Suter als ein zentrales element, einem roten faden gleich, in seinem schöpferischen prozeß.
Die fotografien des vorliegenden buches sind vor allem durch einen wahrnehmungsprozess geprägt, der mit alltäglichen und unauffälligen phänomenen unser welt spielt. “Die kunst des staunens beherrscht Hugo wie kein zweiter”, treffend attestierte Lars Müller dies Suter während der buchpräsentation im kloster muri 2010.
Was aber nun zeichnet das rund dreißig jahre umfassende fotografische oeuvre Suters aus. Es ist fähigkeit scheinbar einfachste dinge bis hin zu komplexen phänomenen unserer umwelt skulptural wahrzunehmen, den blick auf und von den dingen zu lösen, fokusierend auf die bedeutung der formen. Als “kartographierund der wahrnehmung” umschreibt Stephan Kunz im begleittext diesen prozeß. Dargestellt werden verschiedenste techniken und themenkomplexe: klassisch konzipierte architekturfotografien in serie (alle bade- und bootshäusern um den hallwilersee 1997 ) immerhin 65 Stück und ein direkte ironische anspielung auf die typologien der bechers, licht bzw schattenzeichnungen auf polaroid (interieur seengen) bis hinzu freien fotografien, die den vermeintlichen alltag abbilden (fensterflügel). Die fotografie als rein dokumentarisches abbild tritt hinter der vielfältigkeit der phänomene zurück – und immer mit einer subtilen portion an feinem humor wie in “malerei und skultur” von 2006 beweist, indem der künstler fotografisch ein auf zeitung abgedrucktes selbstprotrait dem zerküllten pendant gegenüberstellt.
Ein wundervolles buch – ein muß für jeden der sich mit künstlerischen handeln auseinandersetzt oder dieses erlernen will. Ein Buch das sich an alle interessierten beobachter wendet, aber besonders für architekten und studenten der architektur – und warum? Dazu muss ich etwas ausholen, anfang der 90er jahre habe ich in berlin an der technischen universität architektur studiert, zur künstlerischen grundausbildung gehörte das fach “plastisches gestalten” bei Prof. Wolf Kalhen. Ziel des zwei semesters dauerenden seminars war die sinn- und wahrnehmungsschulung sowie die praxis räumlicher gestaltung. Zur beschäftigung gehörten künstlern und theoretikern, wie zB. Richard Long, Donald Judd, Klaus Merkel und Christian Norberg-Schulz ua. sowie die kunstrichtungen Minimal-, Land- und Ready-Made Art. Viele der damals abgeforderten seminaraufgaben aus den stehgreif- und projektarbeiten konnten direkt aus dem vorliegenden buch von Suter stammen, insbesondere reihen wie “wasserrohr”, “eisschiffchen, langsam zerfliessend” und “gläser auf dem dach”.
Die fotografien suters sind allesamt stilsichere analogien und wunderbare anregungen auf die beantwortung essentieller fragen der sinn- und raumwahrnehmung wie: “gebaute zeit -raumzeit|zeitraum”, “emphatische räume”, “raum als situation” und “über raum, gefundener raum – gesuchter raum”. Definitiv ein buch für das curriculum kunstausbildung architektur. Abschließend fällt auf, das die rezeption suters umfassenden und vielseitigen werkes noch vor allem in der schweiz statt findet, in deutschland hingegen ist sein werk noch weitestgehend unbekannt, was sich sicherlich mit diesem Buch ändern wird. Davon zeugt auch die verleihung des titels “siegertitel-silber” 2011 in der kategorie fotobildband durch den deutschen fotobuchpreis.
Hugo Suter
Lachen auf dem See
Lars Müller Publishers, 2010
16,5 × 24 cm, 256 Seiten
230 Abbildungen, Hardcover
ISBN 978-3-03778-232-3
Preis: 35,00 €